Alltag mit Schmerz

Was bleibt?

In den letzten 8 Monaten war ich so sehr mit dem Schmerz beschäftigt, dass ich mir manchmal die Frage stelle: Wer bin ich eigentlich? Gibt es eine Annika ohne Schmerz? Er ist so sehr Teil meines Lebens und gleichzeitig so wenig ich, dass ich das Gefühl habe, mich ein bisschen zu verlieren.

Ständig geht es um die Frage „Was geht?“ und nicht um „Was will ich?“. Ich entscheide nicht nach dem, was mir Spaß macht, sondern nach dem, was den Schmerz nicht verstärkt, am Besten sogar lindert. Wenn ich an meine Zukunft denke, dann lasse ich Träume weg, denn „was geht?“ ist oft stärker als „was will ich?“. Dabei gibt es Ideen und Träume – nur halte ich sie zur Zeit nicht für realistisch.
Wenn ich jemanden kennenlerne, dann habe ich das Gefühl, dass die Person keine Chance hat, mich tatsächlich kennenzulernen. Dass sie nicht mich kennenlernt, sondern den Schmerz. Was bleibt also von mir übrig?

Wenn ich schmerzfrei bin, dann bin ich glaube ich eine ziemlich tolle Frau. Ich meine, dann bin ich mit mir selbst zufrieden. Aktiv und voller Ideen. Ich habe diese Frau schon länger nicht mehr getroffen. Wenn es mir nicht gut geht, dann finde ich diese Frau unter all den Schichten Schmerz und Sorgen kaum wieder. Und auch wenn es mir zwischendurch besser geht, schwingt bei jeder Entscheidung, bei jeder Handlung die Frage mit: Wie wird es Morgen sein? Was macht mein Körper? Es meldet sich die Vorsicht und nur selten ist der Gedanke an den Schmerz weg.

Bin das ich? Es gehört ja irgendwie zu mir, muss ich es also einfach integrieren?

In der Schmerztherapie geht es auch darum zu lernen, sich nicht vom Schmerz bestimmen zu lassen. Es geht darum zu erkennen, dass man selbst sein Leben noch in der Hand hat. Nicht der Schmerz bestimmt mich – sondern ich mein Leben mit ihm. Ich glaube, dass man das wirkich lernen kann, aber eben in den gegebenen Rahmenbedingungen. Lassen diese Rahmenbedingungen zu, ich selbst zu sein? Kann ich die Frau, die ich sein möchte, mit der Schmerzpatientin die ich bin, vereinen, ohne mich zu verlieren?

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