
PRT
Irgendwann nach meinem letzten Bandscheibenvorfall bot mir mein Orthopäde an, eine PRT gegen die ausstrahlenden Schmerzen ins linke Bein durchzuführen. Ich wusste kaum was auf mich zukommt, stimmte aber zu, da der Schmerz unterträglich geworden war.
Bei einer PRT (Periradikuläre Therapie) wird die Nervenwurzel, die den Schmerz verursacht, behandelt. Zuerst wird ein lokales Betäubungsmittel gespritzt und dann eine lange Hohlnadel zur Nervenwurzel geführt. Im CT wird kontrolliert, ob die Nadel an der richtigen Stelle platziert ist. Dann wird durch sie ein gemisch aus Cortison und Schmerzmitteln direkt an die betroffene Stelle gespritzt.
Die Behandlung wird nicht nur bei Bandscheibenvorfällen eingesetzt, sondern auch bei Entzündungen, Facettengelenksproblemen und anderen Beschwerden, bei denen Nervenwurzeln stark gereizt werden.
Da mein damaliger Orthopäde selbst PRT Beahndlungen durchgeführt hat, habe ich schnell Termine bekommen.
Vor der Behandlung sollte allerdings dringend die Kostenübernahme mit der Krankenkasse geklärt werden. Offiziell muss eine PRT von einem Schmerztherapeuten angeordnet oder durchgeführt werden, damit die gesetzlichen Krankenkassen die Behandlung zahlen. Ich war damals noch nie bei einem Schmerztherapeuten gewesen und habe auch keinen absehbaren Termin bei einem bekommen. Das habe ich der Krankenkasse so dargelegt und dann die Zusage zur Kostenübernahme erhalten, obwohl die PRT vom Orthopäden gemacht wurde. Die Kosten von etwa 460€ habe ich selbst ausgelegt und später von der Krankenkasse erstattet bekommen, das ist allerdings nicht unbedingt üblich.
PRT Behandlungen sind heutzutage in der Schmerztherapie nicht mehr ungewöhnlich. Es handelt sich um verhältnismäßig sichere Eingriffe.
Ich ließ mich von meiner Mutter zu dem Termin in einem radiologischen Zentrum fahren, in dem mein Orthopäde als Belegarzt praktizierte. In der langen Wartezeit stieg meine Aufregung immer mehr. Im Vorfeld hatte ich verschiedene Einwilligungen und Aufklärungsbögen unterschreiben müssen, auf denen natürlich die schlimmsten Nebenwirkungen aufgelistet waren. Ich wusste nicht was mich erwartete, aber all die Informationen auf den Bögen klangen besorgniserregend. Endlich wurde ich aufgerufen. Ich sollte mich bäuchlings auf die CT Liege legen und schon ging es los. Kurze Betäubung, dann wurde die Nadel bis an die Nervenwurzel geführt, dann die Kontrolle per CT. Die Nadel saß und ich bekam die Medikamente. Das Einspritzen der Medikamende war unangenehm drückend aber auszuhalten. Die ganze Behandlung dauerte weniger als 15 Minuten und dann durfte ich mich anziehen und gehen. Nach der Behandlung kribbelte das ganze Bein und fühlte sich kraftlos an. Auch komplette Taubheit ist möglich, trat bei mir aber nicht auf. Aus diesem Grund sollte man sich auch begleiten lassen – um sicher nach Hause zu kommen.
Zu Hause legte ich mich aufs Sofa und wartete auf die Wirkung. Insgesamt vertrug ich die PRT sehr gut, geholfen hat sie allerdings auch nach drei Sitzungen nur wenig. Zwei Monate später versuchte ich es noch einmal, aber auch beim vierten Versuch stellte sich nur wenig Linderung ein.
Wenn eine PRT der letzte Versuch ist, um eine Bandscheiben OP zu vermeiden, dann würde ich sie auf jeden Fall machen lassen. Vor kurzem hat meine Schmerztherapeutin mir jedoch angeboten nochmal eine PRT zu machen und das habe ich abgelehnt. Für mich ist es ein Abwägen aus Nutzen und Belastung für den Körper. Sowohl Medikamente als auch CT Strahlung sollten eben nur eingesetzt werden, wenn es unbedingt nötig ist. Eine PRT Behandlung ist ein Eingriff in den Körper. Und da dieser Eingriff bei mir nicht den gewünschen Effekt hatte, möchte ich keinen weiteren Versuch, der vielleicht dieses Mal etwas bringt – vielleicht aber auch nicht.
Etwa ein halbes Jahr nachdem bei mir vier PRT Behandlungen gemacht worden waren, sagte mir ein anderer Behandler, dass er auf gar keinen Fall PRTs bei jungen Frauen durchführen lassen würde. Denn man dürfe ja nicht vergessen, dass CT Geräte mit Röntgenstrahlen arbeiten und gerade im unteren Rücken, wo Gebärmutter und Eierstöcke säßen, würde er NIEMALS regelmäßige CT Aufnahmen bei Frauen machen. Ich saß vor ihm und wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Die Behandlungen waren bei mir ja schon längst gelaufen und das wusste er auch. Alles was er mit der Aussage bei mir erreichte war, mir große Angst zu machen vor Langzeitschäden und Krebs.
Aber die Kommunikation von und mit Ärzten und anderen Behandlern ist sowieso ein eigenes Thema. Ich ging sehr verunsichert aus der Praxis. Was für ein unsensibler Idiot.
Heute denke ich, dass es gut war die PRT gemacht zu haben, denn sie gab mir damals das Gefühl, dass noch nicht alles ausgeschöpft war, dass ich nicht „austherapiert“ war. Trotzdem gibt es heute noch eine kleine Stimme, die ab und zu fragt, ob mein Körper Schaden von den Behandlungen genommen hat.
Ich wünschte aber auch, dass jemand mit mir vorher realistisch über das Risiko gesprochen hätte. Bis heute kann ich das Risiko von CT Aufnahmen nicht bewerten. Wenn nach der genauen Abwägung aber die Entscheidung klar ist, dass die Schmerztherapie das Risiko wert ist, dann ist es wohl einen Versuch wert.
Wie bei allen Behandlungen würde ich also dazu raten, ein sehr ausführliches Aufklärungsgespärch einzufordern. Und wenn nicht alle Fragen beantwortet werden oder ein komisches Gefühl bleibt – dann hole dir eine Zweitmeinung ein. Deine Bedenken sollten ernst genommen werden.

