Alltag mit Schmerz

Schmerzpatientin sein

Ich wurde vor einer Weile gefragt, was es für mich bedeutet, Schmerzpatientin zu sein. Gar nicht so leicht, darauf eine Antwort zu geben. Ein Teil der Antwort findet sich vielleicht in den anderen Beiträgen dieses Blogs, wo ich von meinem Leben als Schmerzpatientin berichte. Und auch das ist nur ein Teil der Wahrheit.

Ich konnte in dem Moment auf die Frage keine richtige Antwort geben. Ich versuche es jetzt nochmal:

Schmerzpatientin sein bedeutet, immer wieder körperliche Qualen zu erleben. Und manchmal auch seelische.
Es bedeutet immer und immer wieder umgeworfen zu werden.

Es bedeutet stark zu sein. Und wieder aufzustehen.

Schmerzpatientin zu sein bedeutet, manchmal ein Leben zu führen, das für andere nicht verständlich ist. Nicht nachvollziehbare Gefühle und Probleme zu haben. Aber wenn man mal ehrlich ist – wann versteht man überhaupt wirklich wie es im Leben eines Anderen ist?

Es bedeutet, sich über kleine Dinge zu freuen. Und es nicht als selbstverständlich anzusehen gesund oder schmerzfrei zu sein. Es bedeutet, einen schmerzfreien Tag genießen zu können.

Schmerzpatientin sein bedeutet für mich, manchmal auch Angst vor der Zukunft zu haben.

Es bedeutet, immer wieder in den eigenen Körper hinein zu hören – was tut gut? Was brauche ich jetzt? Und gleichzeitig nicht zu sehr hinzuhören, um dem Schmerz nicht die Macht zu überlassen.

Es bedeutet, dass neben „Was will ich?“ vor allem die Frage „Was geht?“ immer wieder gestellt werden muss.

Schmerzpatientin zu sein bedeutet, sich manchmal ganz schön allein zu fühlen. Weil die Person neben dir es einfach kein Stück versteht.

Es bedeutet weniger Partys, weniger Alkohol, Rücksicht auf den Körper. Medikamente und Zeit bei Ärzten.

Es bedeutet, nicht zu wissen, wie der nächste Tag wird.

Manchmal nicht planen zu können – denn Pläne werden immer wieder vom Körper durchkreuzt.

Es bedeutet trotzdem Pläne zu machen.

Es bedeutet, verständnisvolle Freunde und Familie zu brauchen, wenn man Pläne oder Verabredungen immer wieder plötzlich absagt.

Für mich bedeutet Schmerzpatientin zu sein, immer wieder an die eigenen Grenzen zu stoßen. Manchmal mehrfach in der Woche.

Und trotzdem zu wissen: Ich überstehe das. Wieder einmal.

Es bedeutet, sich manchmal fügen zu müssen, aber niemals die Macht aus der Hand zu geben.

Es bedeutet, immer auf der Suche zu sein. Nach Hilfe, nach Ansätzen. Es bedeutet immer wieder die Hoffnung zusammen zu kratzen.

Aufgeben zu wollen.

Zuversichtlich zu sein.

Und zu bleiben.

Es bedeutet Mensch sein.

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